Am 14. September 1871 erklärte Kaiser Franz Josef anläßlich der Eröffnung des böhmischen Landtags:
"Eingedenk der staatsrechtlichen Stellung der Krone Böhmens und des Glanzes und der Macht, welche dieselbe Uns und Unseren Vorfahren verliehen hat, eingedenk ferner der unerschütterlichen Treue, mit welcher die Bevölkerung Böhmens jederzeit Unseren Thron stützte, erkennen Wir gerne die Rechte dieses Königreiches an und sind bereit, diese Anerkennung mit Unserem Krönungseide zu erneuern."
Damit hatte Franz Joseph das böhmischen Staatsrecht anerkannt und versprochen, sich zum König von Böhmen krönen lassen zu wollen. Den böhmischen Landtag forderte er auf, eine neue Verfassung für das Königreich Böhmen auszuarbeiten.
Der Weg zum böhmischen Ausgleich schien damit frei. Fünf Wochen später rückte der Kaiser von seinen Zusagen ab und schloß sich den Kritikern und Gegnern des Ausgleichs an.
Seit Generationen werden Historiker und Publizisten nicht müde, über die Konflikte zwischen Tschechen und Deutschen in den Böhmischen Ländern des 19. Jahrhunderts zu diskutieren. Die Oldenburger Historikerin Britta Weichers stellt hier den spektakulärsten Fall dieser Auseinandersetzungen vor: jene Ereignisse aus dem Jahre 1871, die das Kaiserliche Reskript vom 12. September 1871 zu Fall brachten. Es ist ihr gelungen, die für Laien meist kaum verständlichen verfassungsrechtlichen Zusammenhänge klar darzustellen. Sie verbindet dies mit einer umfassenden Übersicht über die vielfältigen Urteile, die sich seitdem im historischen Schrifttum über einzelne Aspekte dieses komplexen Konflikts finden lassen. Britta Weichers' Aufsatz stellt eine spannende Lektüre über eines der faszinierendsten Momente in der Geschichte der deutsch-tschechischen Beziehungen des gesamten 19. Jahrhunderts dar.
Die böhmischen Fundamentalartikel und das Scheitern des böhmischen Ausgleichs 1871 Von Britta Weichers