Wenzel Jaksch
„Auch die Idee der europäischen Einheit ist eine geschichtliche Kraft.
Die Verwirklichung dieser Idee ist aber nicht möglich ohne die Rückkehr der
Westslawen nach Europa. Dafür aber wieder ist ein neues geistiges Verhältnis
dieser Völker zu Deutschland Voraussetzung. Der Sudetendeutsche Rat begründet
seine politische Arbeit auf das gesunde Rechtsempfinden von Millionen kleiner
Leute, die nichts anderes wollen, als wieder in Frieden und Freiheit in ihrer
angestammten Heimat leben. Durch dieses Festhalten an der alten Heimat bleiben
die Sudetendeutschen weiterhin Träger eines geschichtlichen Wollens, eine Kraft
unter Kräften im Donauraum. Will Europa aus einer unterbrochenen Abfolge von
Krisen und Katastrophen herauskommen, so braucht es wieder das Zweivölkerland
Böhmen, das zweisprachige Mähren und eine freie, dem westlichen Christentum eng
verbundene Slowakei.“[1]
Hans Schütz
„Deutschland gehört in der Nachkriegszeit zu den überzeugtesten Trägern
der neuen Europa-Idee. Wenn in der freien Welt die Völker jene Ärgernisse aus
der Welt schaffen, an denen sich bislang die verschiedensten Nationalismen
entzündeten, wenn sie eine konstruktive Ordnung für eine neue europäische
Gemeinschaft finden, dann wird diese Ordnung auch in den heute noch unfreien
Raum Ostmitteleuropas und insbesondere nach Böhmen-Mähren-Schlesien
hineinstrahlen. [...]
Die neue Lösung darf nicht aus dem prinzipiellen, nach meiner
Überzeugung heute endgültig überholten Gesichtswinkel des kleinräumigen
deutsch-tschechischen Neben- und Gegeneinander des böhmisch-mährischen Raumes
konzipiert werden. Eine neue Lösung muß europäische Züge tragen. Sie muß so
gestaltet sein, daß der Sudetendeutsche, der in seine Heimat zurückkehrt, dort
in ein Land kommt, wo er Deutscher sein kann wie am Rhein und an der Donau und
seine Kinder zu Deutschen erziehen kann. Seine persönlichen Rechte und die
natürlichen Rechte seiner Volksgruppe müssen vollkommen unbestritten sein.“[2]
Richard Reitzner, MdB für die SPD
„Das Gedankengut der sudetendeutschen und österreichischen
Arbeiterbewegung aber wollen wir in den Dienst einer föderalistischen
Neugestaltung Gesamteuropas stellen und gleichzeitig das gute Recht der
Vertriebenen, nämlich der freien Selbstbestimmung auf den angestammten
Heimatboden wiederholen, wobei uns klar ist, daß in Europa noch die geistigen,
politischen und auch moralischen Voraussetzungen für die Anwendung des
Selbstbestimmungsrechtes geschaffen werden müssen. [...] Diesen
[ostmitteleuropäischen] Völkern müssen Brücken zur Heimkehr nach Europa
geschlagen werden und diese Brücken müssen wieder über Deutschland führen. Bei
dieser Neuregelung muß Potsdam revidiert werden. [...] Wir wissen ja selbst,
wie sich das alles entwickelt hat und ich glaube auch, eine Berufung auf das
vergilbte böhmische historische Staatsrecht ist heute überholt. [...] Ich bin
der Meinung, daß die unverbesserlichen Austreiber, ob sie nun noch in Prag
sitzen oder im amerikanischen Exil, ihre ganze Beute nicht behalten werden
können. [...] Die Mitteilungen von recht zuverlässigen Beobachtungen auf diesem
Gebiete berichten ja, daß beim tschechischen Volk die Bereitschaft zur
Diskussion mit den Sudetendeutschen wächst und daß man die Austreibung nicht
mehr als unabänderlich und gerecht betrachtet. Aber gerade diese Tatsache
verpflichtet uns, jene Vorstellungen zu entwickeln, die wir selbst von einer
Neuordnung Europas und von einer Neuordnung im böhmisch-mährischen und
sudetendeutschen-schlesischen Raumes haben.“[3]
Hans Schmid-Egger
„Eine Befriedung in Böhmen ist nicht möglich ohne Befriedung in Europa.
Wenn die inneren Gegensätze Europas auf einer höheren Ebene entspannt werden
können, dann – aber vielleicht nur dann – besteht Aussicht, auch in Böhmen zu
einer echten Einigung zu kommen. Diese Erkenntnis hat Bedeutung, denn sie muß
aus Tschechen und Deutschen, die sich für eine gesicherte Zukunft ihrer Heimat
einsetzen, Vorkämpfer machen für die Einheit Europas.“[4]
Volkmar Gabert
„Eines ist uns aus unserer Erfahrung heraus klar: Die Art der Begegnung
zwischen Deutschen und Slawen wird einmal Schicksal für Europa sein. Es ist
heute müßig, über geographische Räume zu diskutieren, aber irgendwo in Europa
müssen Deutsche und Slawen Nachbarn sein. Viel wird davon abhängen, in welcher
Form sich diese Nachbarschaft entwickelt.“[5]
Wenzel Jaksch
„Gelingt es dem russischen Führungskollektiv nämlich, die
Satellitenstaaten und Mitteldeutschland mit Hilfe ihrer, auf ihren gesamten
Herrschaftsbereich zugeschnittenen Wirtschaftspläne in den nächsten fünf Jahren
in den Ostblock hineinzuzementieren – und man muß bedenken, daß man sich
angesichts dieser wirtschaftspolitischer Verzahnung eine politische
Auflockerung vielleicht leisten zu können glaubt –, dann ist ganz Westeuropa in
tödlicher Gefahr. Allein das biologische Übergewicht des Ostblocks würde in ein
bis zwei Generationen die Grenze der östlichen Welt bis zum Atlantischen Ozean
verschieben.“[6]
Emil
Franzel
„Es ist deshalb außerordentlich wichtig, daß diese zwischeneuropäische
Zone aufgebaut wird, daß wir, über welche Zwischenstadien immer, die Befriedung
der von Rußland unterjochten Satellitenvölker nicht aus dem Auge verlieren, daß
wir den Begriff Europa von vornherein als nach dem Osten hin erweiterungsfähig
denken. Dazu müssen wir diesen Völkern die Möglichkeit bieten, ein solches
Konzept durchzudenken und herbeizuwünschen, indem wir ihnen eine
föderalistische Lösungsmöglichkeit vorschlagen, nicht eine großdeutsche,
alldeutsche, imperialistische, nicht eine Kolonisation von Lebens- und
Wirtschaftsraum. Wir müssen ihnen zeigen, daß es in der Form einer europäischen
Zusammenarbeit, entweder mit gewissen Untergliederungen in Föderationen im
Donauraum und im polnisch-baltischen Raum oder in unmittelbarer Eingliederung
in ein gemeinsames Europa, eine Möglichkeit friedlichen Zusammenlebens mit den
Deutschen gibt. Natürlich muß in diesem Zusammenhang das Heimatrecht der
Deutschen wiederhergestellt werden, schon deshalb, weil wir uns Zwischeneuropa
ohne dieses amalgamierende und integrierende deutsche Element nicht denken
können. Wir müssen daran festhalten, daß eines Tages Deutsche, aber
wahrscheinlich nicht nur Deutsche, sondern auch andere Europäer, in diesem Raum
wieder eine Rolle spielen werden.“[7]
Georg Stadtmüller
„Das von der Natur mit besonderen Reichtum gesegnete Land ist mehr als
jedes andere Stück Europas ein Brückeland zu allen Zeiten gewesen. Das Land
zwischen den Völkern und das Land, das in seinem Territorium das Land zweier
Völker ist. Herzland Europas und Brückeland, Zwischenglied zwischen dem Westen
und dem Osten. An der böhmischen Frage wird sich daher wohl auch in der Zukunft
beispielhaft erweisen, ob der Wille zur guten Nachbarschaft über die dunklen
Schatten einer schmerzlichen Geschichte und vor allem der jüngsten Vergangenheit
hinweg es vermag, eine bleibende Ordnung des zwischenvölkischen Zusammenlebens
aufzurichten.“[8]
Hans
Schmid-Egger
„Gesetzt den Fall, die Sudetendeutschen könnten sich in Anwendung ihres
Selbstbestimmungsrechtes entschließen, unter Verzicht auf ihre Zugehörigkeit zu
einem deutschen Nationalstaat zusammen mit den Tschechen auf dem Boden ihrer
alten Heimat ein gemeinsames Staatswesen aufzubauen, so könnten sie dies nur
tun unter der Voraussetzung der inneren Freiheit und unter der anderen Voraussetzung,
daß der gemeinsame Staat auf eine Außenpolitik verzichtet, die die Deutschen in
Böhmen und Mähren-Schlesien gegen ihren Willen in Konflikt mit ihrem
Mutterlande bringen könnte. Unter den früheren politischen und ideologischen
Voraussetzungen könnte das tschechische Volk zu einer solchen Rücksichtsnahme
sich kaum verstehen. Erst die Einigung Europas, die das Verhältnis der
europäischen Staaten zueinander ohnehin ändern würde, dürfte eine solche
Haltung möglich werden lassen.“[9]
Kurt Georg Kiesinger
„Als vollberechtigte deutsche Staatsbürger, die sie sind, haben die
Sudetendeutschen demnach ihr Heimatrecht nicht verloren. Sie haben den Anspruch
darauf, in ihre angestammte Heimat zurückzukehren. [...] Wir Binnendeutsche werden auch weiterhin die
Verantwortung für diejenigen Deutschen mittragen müssen, deren Heimat außerhalb
der Grenzen Deutschlands von 1937 liegt. Dieser Aufgabe müssen wir uns
allerdings in einem neuen Geist annehmen und unterziehen – in einem Geist, der
bei den Nachbarn auch nicht den entferntesten Verdacht erwecken kann, als stehe
ihnen ein neuer großdeutscher Imperialismus bevor. [...] Die Einheit
europäischen Denkens und europäischer Politik kann nur aufwachsen, wenn die
nationalstaatlichen Souveränitäten abgebaut werden, wenn wir die Enge
nationalstaatlichen Denkens hinter uns lassen. Freilich darf das nicht zu öder
Gleichmacherei, zu einer Nivellierung der historisch gewordenen Besonderheiten
des europäischen Lebens führen, sondern das neue politische Denken unseres
Erdteils muß von der bedingungslosen Anerkennung der gottgewollten Volkstümer
und vor der Respektierung ihres geschichtlich überlieferten Heimatbodens
ausgehen. Diese beiden Rechtsgüter müssen nicht nur formal, sondern auch
institutionell – ich unterstreiche: auch institutionell – gesichert werden.“[10]
Bundesinnenminister Jakob
Kaiser
„Unser Tag der Heimat ist der lebendige Protest gegen Potsdam. [...]
Potsdam hat auf Kosten des 1945 völlig entmachteten Deutschlands einen Zustand
geschaffen, den wir nie anerkennen können. Es ist und bleibt für uns nationales
und volkspolitisches Gesetz, den Zustand Deutschlands Schritt für Schritt auf
friedlichem Wege zu ändern. Denn die Entwurzelung von Millionen Deutschen und
die Zerreißung Rumpfdeutschlands sind und bleiben ein Krisenherd für Europa und
die Welt. Schon die Verantwortung Europa gegenüber verlangt von uns Deutschen,
daß wir unsere ganze Kraft und unseren ganzen Willen für einen gerechten
Frieden einsetzen.“[11]
Otto von
Habsburg
„Deutsche Volksgruppen gab es bis an das Land jenseits der Wolga. Erst
die national-staatliche, die nationalistische Entwicklung, hat diese
Volksgruppen und Staatsvölker weithin zu Minderheiten herabgedrückt. [...] In
diese Perspektiven müssen wir unsere engere Heimat Europa und unsere alten Völker
und Länder stellen. Ebenso wie der Staat ein Baustein größerer Gemeinschaften
ist, so ist der europäische Zusammenschluß die Vorbedingung zu noch weiter
gespannten Lösungen. Wir Europäer, insbesondere aber wir Menschen in
Zentraleuropa, haben eine Tradition, die aus einer ganzheitlichen Zeit bis auf
unsere Tage herüberragt. Man hat Österreich einen Anachronismus genannt. Es ist
wahr, die Grundsätze der Habsburger Monarchie waren jenen des XIX. Jahrhunderts
diametral entgegengesetzt. [...] Es ist die Größe und vielleicht die Tragik des
alten Österreich gewesen, gegen den Strom der Geschichte zu schwimmen. Seine
Kräfte mußten am Ende des ungleichen Kampfes versagen. Heute aber erkennen wir
sein historisches Verdienst, Grundsätze bis in unsere Tage aufrecht erhalten zu
haben, die zwar noch vor wenigen Jahren äußerst unmodern schienen, die aber
heute unter radikal veränderten Bedingungen zu den wesentlichen Bausteinen des
Europa von morgen gehören. [...] So können wir denn in dieser Stunde
zuversichtlich sein. Die Kräfte der Geschichte arbeiten für, nicht mehr gegen
uns. Alle Hoffnungen sind berechtigt, daß in einem weit größeren Rahmen, als es
der der Vergangenheit war, jene Prinzipien verwirklicht werden, die das
Grundgesetz des Heiligen Reiches in der Zeit seiner Größe und seines Glanzes
waren und denen das alte Österreich, unsere gemeinsame unvergeßliche Heimat,
treu und unverbrüchlich gedient hat.“[12]
Wenzel Jaksch
„Je mehr ich in die größeren Zusammenhänge Einblick gewinne, desto
stärker wird meine Überzeugung, daß die Sudetenfrage ein unlösbarer Bestandteil
des europäischen Schlüsselproblems Böhmen ist. Böhmen in russischer Hand
bedeutet eine dauernde Dreiteilung Deutschlands. Ein rein slawisches Böhmen
bliebe ein Hindernis der Einigung Europas, weil damit dem Panslawismus jeder
Provenienz gestattet wäre, Österreich, Ungarn, Rumänien – und auch Polen! –
unter Druck zu setzen. [...] Es war der Wille der Geschichte, daß Böhmen (das
Schwesterland Mähren inbegriffen) ein Zweivölkerland wurde, wie es die Steine
von Prag und Brünn, Budweis und Olmütz verkünden.
Darum sei allen gesagt, die von Europa reden: zu einem befriedeten
Europa gehört auch ein deutsches Sudetenland.“[13]
[1] Wenzel Jaksch in:
Genossenschaft gleichberechtigter Völker. Tschechisch-Sudetendeutsche
Beziehungen als Problem westlicher Friedens- und Freiheitspolitik, hrsg.v.
Sudetendeutschen Rat, München 1956, S. 30.
[2] Hans Schütz: Von
St. Germain nach München, in: München 1938 – eine offene Frage, München 1958,
S. 78-97, hier S. 96, 97 (Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde Heft 12).
[3] Richard Reitzner
MdB, der geschäftsführende Bundesvorsitzende der Seliger-Gemeinde: Heimatrecht
und Wiedervereinigung als sozialistische Aufgabe, in: Schicksalsfrage
Osteuropa, hrsg. vom Landesverband Bayern der Seliger-Gemeinde, München [1956],
S. 7-18, hier S. 7, 11, 12, 10, 16.
[4] Hans Schmid-Egger:
Zukunft in Böhmen. Überlegungen zur Ordnung in Mitteleuropa, München 1957, S.
98 (Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde Heft 10).
[5] Volkmar Gabert in:
Schicksalsfrage Osteuropa, hrsg. vom Landesverband Bayern der Seliger-Gemeinde,
München [1956], S. 29.
[6] Wenzel Jaksch in:
Genossenschaft gleichberechtigter Völker. Tschechisch-Sudetendeutsche
Beziehungen als Problem westlicher Friedens- und Freiheitspolitik, hrsg.v.
Sudetendeutschen Rat, München 1956, S. 25.
[7] Emil Franzel:
Friede, Freiheit, Ordnung im Osten – eine europäische und weltpolitische
Aufgabe, in: Wegebau und Verständigung. Achte Tagung der Ackermann-Gemeinde in
Passau, München 1956, S. 20-35, hier S. 29f. (Schriftenreihe der
Ackermann-Gemeinde Heft 9).
[8] Georg
Stadtmüller: St. Gunther in der
Zeitenwende, in: Wegebau und Verständigung. Achte Tagung der Ackermann-Gemeinde
in Passau, München 1956, S. 9-19, hier S. 19 (Schriftenreihe der
Ackermann-Gemeinde Heft 9).
[9] Hans Schmid-Egger:
Zukunft in Böhmen. Überlegungen zur Ordnung in Mitteleuropa, München 1957, S.
100 (Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde Heft 10).
[10] Kurt Georg
Kiesinger in: Genossenschaft gleichberechtigter Völker.
Tschechisch-Sudetendeutsche Beziehungen als Problem westlicher Friedens- und
Freiheitspolitik, hrsg.v. Sudetendeutschen Rat, München 1956, S. 34-38.
[11] Bundesinnenminister
Jakob Kaiser: Wegebau und Verständigung, in: Wegebau und Verständigung. Achte
Tagung der Ackermann-Gemeinde in Passau, München 1956, S. 36-42, hier S. 38f.
(Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde Heft 9).
[12] S. K. H. Otto von
Habsburg: Volk und Volkstum in europäischer Wirklichkeit, in: Volk, Nation und
Staat, München 1959, S. 22-45, hier S.
41 und S. 44 (Schriftenreihe der Ackermann-Gemeinde Heft 14).
[13] Wenzel Jaksch: Die
Beharrlichkeit wird siegen!, in: Festprogramm zum Sudetendeutschen Tag
Stuttgart 1963, München 1963, S. 16.